Was ist Geld?

Bitcoin ist Geld. Doch was ist Geld überhaupt? Wenn man diese Frage ernsthaft zu beantworten versucht fällt einem schnell auf, das ist nicht einfach. Ist der US-Dollar Geld? Ist der Euro oder der Schweizer Franken Geld? Ist ein Kieselstein Geld? Was macht Geld aus und gibt es gutes und schlechtes Geld? Eine bekannte Geld-Art aus früherer Zeit sind die Rai-Steine (Steingeld). Die Rai-Steine waren lange Zeit die Währung auf der Insel Yap, eine Insel im pazifischen Ozean. Diese Steine können von Handtellergrösse bis 4 Meter Durchmesser aufweisen und über 5 Tonnen wiegen. Sie bestehen aus Mineralien, die es auf der Insel nicht gibt. Die Steine mussten, auf der 400 Kilometer weit entfernten Insel Palau, abgebaut werden und mühsam mit einer fünftägigen Reise zur Insel Yap transportiert werden. Die Steine wurden jeweils für Jeden sichtbar im Dorf aufgestellt. Jeder sah die grossen Steine und Jeder wusste wessen Eigentum der jeweilige Stein ist. Wollte man Jemanden bezahlen hat man einfach ein Stück von seinem Stein abgeschlagen oder hat, bei grossen Zahlungen, einfach den ganzen Stein öffentlich wirksam dem Handelspartner übergeben.

Steingeld von der Insel Yap [Wikipedia]

Die Akori-Perlen sind ein weiteres Beispiel einer Währung aus frühen Zeiten. Akori-Perlen wurden seit Jahrhunderten in Westafrika als Geld verwendet. Sie haben eine längliche, zylindrische Form mit ovalem Querschnitt in der Breite eines kleinen Fingers und der Länge eines Fingergliedes. Die Akori-Perlen waren gut transportierbar und man konnte sie gut für den Handel verwenden.

Perlen der Krobo, möglicherweise der Akori-Perlen nachempfunden [Wikipedia]

Diese beiden Währungen hatten eines gemeinsam. Die Herstellung war sehr aufwändig. Die gesamte bestehende Menge der Rai-Steine oder der Akori-Perlen konnte nicht einfach so erhöht werden. Die hinzukommende neue Menge war begrenzt, oder anders gesagt: Das Verhältnis von der bestehenden Menge zur hinzukommenden Menge war gross. Dieses Verhältnis ist auch bekannt als das Stock-to-Flow-Verhältnis. Etwas was selten ist hat ein grosses Stock-to-Flow-Verhältnis, da die Gesamtmenge nur langsam erhöht werden kann.

Die Seltenheit der Rai-Steine und der Akori-Perlen machte sie zu guten Währungen. Allerdings sind die beiden Währungen später auf tragische Art und Weise doch gescheitert. Bei den Rai-Steinen fing die Entwertung im Jahr 1871 an. O’Keefe, ein irisch-amerikanischer Kapitän, sah eine Gewinnmöglichkeit darin, Kokosnüsse von der Insel Yap zu verschiffen und an Kokosölproduzenten zu verkaufen. Doch die Inselbewohner waren gar nicht daran interessiert, für ihn die Kokosnüsse zu ernten. Er hatte ihnen nichts zu geben als Gegenleistung, denn sie hatten keinerlei Verwendung für jegliche Art von fremdländischem Geld. O’Keefe begriff aber schnell, wessen Wert die Yap-Bewohner den Rai-Steinen beimassen. Dank seinen modernen Schiffen konnte er die Rai-Steine vergleichsweise problemlos von der Palau-Insel hohlen. Entgegen seinen Erwartungen waren die Inselbewohner aber ganz und gar nicht an seinen Steinen interessiert, was bemerkenswert ist. Der Dorfvorsteher ordnete sogar an die Steine von O’Keefe als wertlos zu betrachten, weil sie nicht mit traditionellen Methoden geborgen und transportiert wurden. Natürlich gab es Bewohner, die sich nicht daran hielten und trotzdem für O’Keefe`s Steine arbeiteten. Dies führte zu Konflikten unter den Inselbewohner und schliesslich zum Untergang der Rai-Steine als Währung.

Bei den Akori-Perlen war es ähnlich. Im 6. Bis 10. Jahrhundert bemerkten europäische Händler, dass die westafrikanischen Einwohner Geschäfte gerne gegen diese Akori-Perlen machten. Also liessen sie solche Perlen in Europa in Massen herstellen und tauschten sie gegen Waren jeglicher Art ein. Da die Herstellung, der Perlen in Europa günstig war wurde der Markt in Westafrika mehr und mehr mit den Akori-Perlen überschwemmt. Der Unterschied zu der Geschichte von O’Keefe, ist dass die Akori-Perlen wesentlich kleiner und die Bevölkerung viel grösser war. Das was folgte war aber das Gleiche, wenn auch in einem wesentlich längeren Prozess. Die Akori-Perlen wurden immer mehr entwertet. Die Afrikanischen Einwohner wurden immer ärmer und dessen Besitz ging immer mehr zu den Europäern über.

Aus diesen beiden Geschichten lässt sich ableiten, dass ein gutes Geld knapp und nicht ohne weiteres vervielfältigbar sein sollte. Man spricht hier auch von hartem und weichem Geld. Die Rai-Steine, wie auch die Akori-Perlen waren anfangs harte Währungen und gingen dann über zu weichen Währungen, als sie plötzlich mit viel weniger Aufwand hergestellt werden konnten.

Gold und die Entstehung der heutigen Währungen

Gold ist ein hartes Geld, denn Gold zu schürfen ist mit viel Aufwand verbunden. Gold hat ein hervorragendes Stock-to-Flow-Verhältnis, dazu ist es nur sehr schwer fälschbar. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass Gold schon früh als Geld verwendet wurde. Da gibt es zum Beispiel die von Julius Cäsar eingeführte Aureus-Münze oder die daraus entstandene Solidus-Münze (später bekannt als die byzantinische Goldmünze).

Zu den verschiedenen Gold-Münzen und deren Geschichten gäbe es natürlich viel zu erzählen. Jedoch möchte ich lieber etwas später in der Geschichte ansetzen, um die Entstehung unserer heutigen Geldform zu erarbeiten.

Im Laufe des neunzehnten Jahrhunderts führten zahlreiche Länder den Goldstandard ein. Die Währungen bestanden dann aus Goldmünzen aber auch aus Banknoten, die mit Gold hinterlegt waren. Das heisst man konnte jederzeit zu der ausgebenden Bank gehen und seine Banknoten gegen Gold tauschen.

Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts, vor allem in der Zeit der zwei Weltkriege verliessen immer mehr Staaten den Goldstandard. Ein Hauptgrund waren die Kriegskosten, die die beteiligten Länder hatten. Um Steuererhöhungen zu vermeiden, mussten sie die Geldmenge erhöhen, womit die Goldparität passé war.

Kurz vor Ende des zweiten Weltkrieges trafen sich die Vertreter der Siegermächte im US-Amerikanischen Bretton Woods mit dem Ziel die Zukunft des globalen Währungssystems zu bestimmen. Sie einigten sich darauf, den US-Dollar als goldgedeckte, globale Weltreservewährung zu definieren. Dies kam darum zustande, weil die USA zu dem Zeitpunkt zwei Drittel der weltweiten Goldreserven besassen. Der fixe Wechselkurs wurde auf 35 US-Dollar zu einer Unze Gold festgelegt. Alle anderen Währungen wurden an den US-Dollar gekoppelt. Das Bretton-Woods-System war geboren. Es war eigentlich ein weltweiter Goldstandard, aber ein Goldstandard, der grundsätzlich auf dem Vertrauen darin fusste, dass die USA die Geldmenge im Vergleich zur Goldmenge nicht wachsen lassen würden.

1964 traten die USA in den Vietnamkrieg ein, was dazu geführt hat, dass ihre Kosten stark anstiegen. Die Kostensteigerungen konnten sie dadurch bezahlen, indem sie mehr US-Dollars gedruckt haben, als durch Gold gedeckt waren. Das war nichts anderes als eine stetige Entwertung des US-Dollars und somit eine Verringerung des Anspruchs anderer Länder auf das Gold. Diese Entwertung des US-Dollars führte schliesslich dazu, dass viele Länder ihre Goldreserven einforderten. Frankreich ging sogar so weit, dass sie mit der französischen Marine bei den USA vorgefahren sind, um ihre Goldreserven rasch abzuholen.

1971 dann hat der damalige amerikanische Präsident Richard Nixon, in einer öffentlichen Rede, die Koppelung des US-Dollars an Gold offiziell aufgehoben. Lustigerweise sprach er da von einer «temporären Aufhebung». Die Koppelung wurde aber bis heute nicht wieder eingeführt.

Unser heutiges Fiat-Geld-System basiert quasi auf diesem Ereignis in 1971. Die heutigen Währungen sind nicht mehr vollständig mit Gold gedeckt und bis heute wird die Geldmenge in fast allen Währungen regelmässig erhöht. Wie bei den Rai-Steinen oder den Akori-Perlen hat auch unser heutiges Geld den Wandel von einem harten (goldgedeckten) zu einem weichen Geld durchgemacht. Unsere Währungen wie der US-Dollar, der Euro oder der Schweizer Franken sind heute nicht mehr dazu geeignet über längere Zeit Werte darin zu speichern. Denn mit der fortlaufenden Geldmengenausweitung wird einem Sparer stetig die Kaufkraft reduziert, da sein prozentualer Anteil von der gesamten Geldmenge sinkt.

Was nun?

Doch was hätte man anderes machen können, in all den Jahren nach 1971? Die Welt hat sich immer mehr digitalisiert und heute werden ein Grossteil der Zahlungen digital durchgeführt. Gold passt einfach nicht mehr in unsere Zeit. Ausserdem hat uns die Geschichte ja gezeigt, dass es schwer zu verifizieren ist, ob die angegebene Golddeckung auch stimmt. Aber was, wenn wir so etwas wie Gold hätten, was aber digital verwaltbar, verwendbar und verifizierbar wäre? Evt. könnte man dann die temporär aufgehobene Goldkopplung wieder einführen und stattdessen den US-Dollar einfach an das digitale Gold koppeln? Wobei, wenn man sich das genauer überlegt… wozu braucht es den US-Dollar eigentlich dann noch? Wenn das Gold ja digital ist und somit die Vorzüge wie Teilbarkeit oder Transportierbarkeit plötzlich auch besitzt, braucht es dann den US-Dollar noch?

Ich weiss nicht, wie sich unser Welt-Währungssystem entwickeln wird, aber ich weiss, dass wir das digitale Gold mittlerweile haben. Das digitale Gold, du ahnst es, ist Bitcoin. Wobei ich nicht der Meinung bin, dass Bitcoin exakt einem digitalen Gold entsprechen würde. Gold war bis dato eines der seltensten Güter dieser Erde. Das Stock-to-Flow-Verhältnis von Gold ist sehr hoch. Dies, weil der aufzubringende Arbeitsaufwand, um neues Gold zu schürfen, sehr hoch ist und zugängliches Gold knapp ist. Es gibt aber einen grossen Unterschied zwischen der Knappheit von Gold und Bitcoin. Die Goldvorkommen auf unserer Erde können nur erahnt werden. Auch ist nicht klar, ob man in Zukunft Gold herstellen kann oder ob man irgendwann Gold aus dem Weltall holen kann.

Man weiss nicht wie viel Gold es maximal gibt, bzw. ob es, auf lange Sicht, überhaupt ein Limit gibt. Viel interessanter ist es jedoch, wenn man den Aspekt Zeit mit einbezieht. Wirkt jetzt vielleicht ein bisschen weit hergeholt, doch lass es mich kurz erklären. Angenommen die Nachfrage nach Gold erhöht sich. Was passiert dann mit dem Goldpreis? Richtig, er steigt. Wenn die Gold-Miner mehr für ihr geschürftes Gold bekommen, werden sie natürlich noch mehr Gold aus dem Boden holen. Das hat zur Folge, dass die täglich neu hinzukommende Menge grösser wird, bzw. das Stock-to-Flow-Verhältnis sinkt. Sofern immer eine höhere Nachfrage besteht, werden die Gold-Miner auch mehr und mehr Aufwand betreiben und so immer mehr Gold aus der Erde holen. Die ganze Weltbevölkerung würde nach Gold suchen, wenn die Nachfrage gross genug wäre. Was ich damit sagen will, solange es Menschen gibt, die noch mehr Zeit aufwenden können, um Gold zu schürfen, wird die hinzukommende Goldmenge weiter steigen. Und auch wenn alle Menschen auf dieser Erde nach Gold suchen würden, und ja das ist natürlich nur eine hypothetische Überlegung, würden mehr und effizientere Maschinen gebaut werden, die die hinzukommende Goldmenge noch weiter steigern würde.

Wenn die Nachfrage nach Bitcoin anzieht, stiegt der Preis auch. Auch hier hat das zur Folge, dass mehr Aufwand für das Bitcoin-Mining aufgewendet wird, bzw. dass sich die Anzahl der Bitcoin-Miner vergrössert. Anders als bei Gold wird die Anzahl der neu hinzukommenden bitcoins dadurch nicht steigen. Bei Bitcoin wird durchschnittlich ca. alle 10 Minuten ein neuer Block erschaffen, in dem unter anderem die bereits festgelegten neuen bitcoins enthalten sind. Dies ist im Code verankert und auch wenn die ganze Welt nach bitcoins «schürfen» würde, wäre die neu hinzukommende Menge gleich gross, wie wenn nur ein einziger Miner aktiv wäre. Bitcoin ist nicht nur durch (elektrischen) Aufwand begrenzt, sondern auch durch Zeit. Es gibt nichts was so selten, und vor allem so messbar selten ist wie Bitcoin. Das macht Bitcoin zur härtesten Währung, die die Menschheit je hatte. Und die Grundlage ist geschaffen, dass sie mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit, nicht den Wechsel zu einer weichen Währung erfahren wird.

Nun noch eine amüsante Veranschaulichung, wie die Zukunft vom US-Dollar und vom Bitcoin aussehen könnte 😉

schubi

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